G Stabilitätsberechnungen von stählernen Stabtragwerken

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Modellbildung

Bei der Modellierung von stabilitätsgefährdeten Tragwerken muss der Schwerpunkt auf dem Thema Verformungsberechnung liegen. Dabei geht es zuallererst um möglichst wirklichkeitsnahe Abbildung der Auflagerungen. Natürlich ist die korrekte Erfassung der Schwerpunktlage, Lage evtl. Fesselungen sowie die korrekte Lasteinleitung wichtig. Weiterhin geht es um das Thema Torsion! In besonders einfachen Fällen genügt ein ebenes Modell. Mit unseren heutigen Möglichkeiten ist es aber immer besser, im Raum zu rechnen. Grundsätzlich kann der Stabilitätsnachweis am Gesamttragwerk [1] geführt werden. Dann sind auch keine weiteren Stabilitätsnachweise an einzelnen Bauteilen erforderlich.

Theorie II. bzw. III. Ordnung

Unter Theorie II. bzw. III. Ordnung versteht man, dass das Gleichgewicht zwischen den äußeren Lasten und den Schnittgrößen am verformeten System ermittelt werden.

Die Begriffsbestimmung ist etwas unklar . Bei der Sofistik besteht die Verschärfung der Berechnung nach Theorie III. Ordnung gegenüber der II. Ordnung darin, dass bei Theorie III. Ordnung auch noch "geometrische Systemänderungen - Starrkörperverschiebung" (sehr große Dehnungen, Durchschlagen, etc.) berücksichtigt werden. [2] Außerdem bleiben die Lasten richtungstreu.

Die Wölbkrafttorsion sowie die Schubverformungen werden (bei dünnwandigen Querschnitten des Stahlbaus) immer berücksichtigt. Allerdings kann die Wölbkrafttorsion (STEU WARP 1) nur für gerade Stäbe berechnet werden. Außerdem müssen alle Stäbe des System einen Wölbwiderstand (keine QB-Querschnitte) haben.

Berechnungsgang

Klassischerweise sind mehrere Primärzustände zu untersuchen. Eine Beschränkung auf die Normalkraft ist nur in Ausnahmefällen ausreichend. Entweder man untersucht My,max, Mz,max, MT,max und Nmin oder man schaut gleich nach den extremalen Verformungen ymax, zmax und ϑmax. Die zu diesen Extremwerten gehörigen Schnittkraftkombinationen sind anschließend in einem neuen Lastfall zu speichern. Diese neuen Lastfälle (in denen natürlich auch keine nennenswerten Spannungsüberschreitungen auftreten dürfen) bilden die Ausgangssituation für die Stabilitätsberechnung. Bei Bahnbrücken nicht vergessen! dynamischer Beiwert und Klassifizierungsfaktor.

Die Steifigkeiten aller Elemente sind nicht mehr mit 1/1,1 [3] abzunindern...die alte Stahlbaunorm machte noch eine solche Vorgabe.

Eigenwertermittlung

Ausgehend von einem der Primärlastfälle werden nun für selbigen die ersten Eigenwerte (diese sind spannungsabhängig!) und die Lastfaktoren berechnet. Der Eigenwert zeigt die Qualität der Versagensform, der Lastfaktor gibt an, um wieviel die extreme Schnittgröße noch gesteigert werden könnte. Bei komplexen statischen System werden oft sehr dubiose Eigenformen ermittelt. Es gilt also die Eigenform auszuwählen, welche der gesuchten Versagensform entspricht. Evtl. muss das Berechnungsverfahren variiert werden. Über den Satz MASS kann man auch die einzelnen Richtungen der Massen "aus- bzw. einschalten". Ob der erste Eigenwert oder einer der höheren Eigenwerte weiter verwendet wird, muss am konkreten Beispiel entschieden werden. Wesentlich ist neben dem Charakter der Eigenform vor allem noch die Aussage, ob die Verschiebung in lokal y oder lokal z überwiegt. Dass entscheidet darüber, ob bei der Ermittlung der Vorverformung IY oder IZ (s. Glg. 5.9 der DIN EN 1993-1-1 Abschn. 5.3) zu verwenden ist.Dazu muss die größte Krümmung der Eigenform kontrolliert werden werden.

Vorverformung

Die anzusetzende Vorverformung stellt die eigentliche Aufgabe der Stabilitätsberechnung dar. Es kann mit belastungsunabhängigen oder mit belastungsabhängigen Vorverformung gerechnet werden.[4]

belastungsunabhängige Vorverformung

Für die Faulpelze gibt die Norm [5] eine Vorverformung an, welche nur von der Bauteillänge L und der Knickline des Querschnitts abhängt. Diese Werte sind relativ groß.

belastungsabhängige Vorverformung

Will man die Iteration mit einer kleineren anfänglichen Vorverformung starten, so führt der Weg über die Glg. 5.10 im Handbuch EC 3 Kap. II Abschn. 5.3.2 (11).

kleinster Vergrößerungsfaktor αult

Nun muss man noch eine Knickspannungslinie wählen (→Imperfektionsbeiwert α). Mit der Schlankheit λ und der Knickspannungslinie kann man nunmehr des Abminderungsfaktor χ ablesen.

Mit diesem "kleinsten Vergrößerungsfaktor" und dem Wahl einer

Vorverformung_e0

Aus der Eigenformberechnung kommen die geometrischen (lastbezogenen) Einflüsse auf die anzusetzende Vorverformung. Die Knickspannungslinie liefert die strukturellen Einflüsse.

iterative Berechnung - Gleichgewicht am verformten System

Mit der gewählten Vorverformung und dem Primärzustand liegen nun alle notwendigen Daten vor, um die Iteration durchzuführen. Zur Kontrolle sollte man die Berechnung mit einer sehr kleinen Last starten und sich die "Startverformung" genau anschauen. Wenn die stimmt... Falls das Programm kein Gleichgewicht (nach Theorie III. Ordnung) am verformten System findet, sollte man ...? auf jeden Fall die Parameter der Iteration überprüfen. Abschließend erfolgt eine Spannungsberechnung (γ=γMo=1,0) am verformten System. Wenn dabei keine nennenswerten Spannungsüberschreitungen auftreten, so ist das Tragwerk (für die untersuchte extreme Schnittgröße) standsicher.

Sofistik - Beispiele

s. ase_geo_nonl_uebersicht.dat

s. ase9_quad_eulerstab.dat (hier auch Ausdruck der Lastverformungskurve)

Schlagwörter

Stabilität, Vorverformung, Eigenwerte, Biegedrillknicken, Knicken, Kippen

Einzelnachweise

  1. HB EC3 Kap. II Abschn. 5.2.2 (7) a
  2. Handbuch ASE Abschn. 2.3.1
  3. DIN 18800-1 (Nov. 2008) (721)
  4. HB EC 3 Kap. II Abschn. 5.3.4 (2)
  5. HB EC 3 Kap. II Abschn. 5.3.2 b) Tab. NA.1